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Werner von Siemens

Der Erfinder-Unternehmer

Werner von Siemens

„Ich sehe im Geschäft erst in zweiter Linie ein Geldeswert-Objekt, es ist für mich mehr ein Reich, welches ich gegründet habe, und welches ich meinen Nachkommen ungeschmälert überlassen möchte, um in ihm weiter zu schaffen.“

Werner von Siemens, 1887

Das 19. Jahrhundert: Aufbruch in die Moderne – Beginn des Industriezeitalters. In Deutschland setzt die Industrialisierung später ein als in Großbritannien und Frankreich, doch um 1850 sind auch hierzulande wirtschaftliche und gesellschaftliche Veränderungen deutlich spürbar. Eng verbunden mit der voranschreitenden Industrialisierung sind die rasante Entwicklung der Elektrotechnik sowie deren profiliertester Vertreter, Werner von Siemens. Die spannende unternehmerische Erfolgsgeschichte stellt die Bedeutung der Siemens’schen Erfindungen für die Wissenschaft und für die technische Entwicklung bis zur Gegenwart heraus.

Werner von Siemens' Kindheit

eine schwarz-weiß Fotografie von dem Geburtshaus Werner von Siemens' in Lenthe
Das Pächterhaus auf dem Obergut in Lenthe bei Hannover im späten 19. Jahrhundert. Hier wurde Werner von Siemens am 13. Dezember 1816 geboren, Siemens Corporate Archives, Berlin, 1823

Mitten im Calenberger Land, wenige Kilometer westwärts von Hannover, liegt das Dorf Lenthe. Hier erblickte am 13. Dezember 1816 mit Werner Siemens (1816-1892), ab 1888 von Siemens, einer der bedeutendsten Erfinder-Unternehmer des 19. Jahrhunderts das Licht der Welt. Werner Siemens war das Vierte von insgesamt 14 Kindern aus der Ehe zwischen Christian Ferdinand Siemens und Eleonore Henriette Deichmann.

Beide Elternteile entstammten der Schicht der Gutspächter. Siemens‘ Großvater väterlicherseits hatte das Rittergut Wasserleben und das Gut Schauen im Harzvorland in Pacht. Siemens‘ Mutter entstammte aus der Nähe von Neustadt am Rübenberge. Dort bewirtschaftete ihr Vater das Gut Poggenhagen.

Dorthin hatte sich auch Siemens‘ Vater begeben, um die Landwirtschaft praktisch zu erlernen. Er verliebte sich prompt in die älteste Tochter seines Lehrherren. So heirateten Christian Ferdinand Siemens und Eleonore Henriette Deichmann am 11. Juni 1812.

Wie schon der Vater und der Schwiegervater betätigte sich auch Christian Ferdinand Siemens als Gutspächter. Er nahm 1813 das ca. 10 km westlich von Hannover gelegene Obergut in Lenthe in Pacht. Dort geriet Siemens‘ Vater mehrfach mit der hannoverschen Bürokratie aneinander. Infolge wiederholter Streitigkeiten mit dem Königlich Hannoverschen Amt Linden und aus wirtschaftlicher Not heraus zog die Familie Siemens in das Großherzogtum Mecklenburg-Strelitz. Hier pachtete Siemens‘ Vater ab 1823 das Domänengut Menzendorf. Bis 1832 verlebte Werner von Siemens hier seine weiteren Kinder- und Jugendjahre.

Werner von Siemens‘ Werdegang bis 1849

eine schwarz-weiß Fotografie von Werner von Siemens in Offiziersuniform
Werner von Siemens als Artillerieoffizier, um 1843, Siemens Corporate Archives, Berlin

Mit der Schulzeit brach ein neuer Lebensabschnitt für Werner von Siemens an. Zwischen 1828 und 1829 besuchte er die Bürgerschule in Schönberg. Diese Schule musste er verlassen, weil sein Vater sowohl den Lehrkörper als auch die Unterrichtsmethoden kritisierte.

Es folgten die Unterrichtung durch einen Hauslehrer sowie zwischen 1832 und 1834 der Besuch des renommierten Lübecker Gymnasiums „Katharinum“. Dort glänzte der junge Siemens vor allem im Fach Mathematik. Mit der Primarreife verließ Siemens im Alter von 17 Jahren das Gymnasium. Sein weiterer Lebensweg führte ihn 1834 nach Preußen. Hier schlug Siemens, nachdem er auch einen Besuch der Berliner Bauakademie erwogen hatte, letztendlich die Offizierslaufbahn ein.

Im Jahr 1834 trat Werner von Siemens in Magdeburg als Offiziersanwärter in die 3. Artillerie-Brigade ein. Zwischen 1835 und 1838 wurde Siemens nach Berlin abkommandiert. Hier besuchte er die Königliche Artillerie- und Ingenieurschule. Zu Siemens‘ Lehrern gehörten unter anderem der Mathematiker Martin Ohm, der Physiker Gustav Heinrich Magnus sowie der Chemiker Carl Gottlieb Heinrich Erdmann.

In die bereits vorangeschrittene Militärzeit fällt auch Siemens‘ erste bedeutende technische Erfindung, die sogenannte Galvanoplastik. Dank dieses 1842 patentierten Verfahrens, konnten metallische Oberflächen vergoldet oder versilbert werden.

Zuletzt als technischer Leiter der preußischen Staatstelegrafie eingesetzt, quittierte Werner von Siemens am 12. Juni 1849 im Rang eines Premierleutnants seinen Militärdienst. Er widmete sich fortan ausschließlich seinen wissenschaftlichen und unternehmerischen Aktivitäten.

Werner von Siemens‘ Wirken in Gesellschaft, Wissenschaft und Politik

eine schwarz-weiß Fotografie von Werner von Siemens aus dem Jahr 1864
Werner von Siemens, um 1864, Siemens Corporate Archives, Berlin

Werner von Siemens wissenschaftliche Erfolge führten zu Auszeichnungen und Würdigungen. 1845 erfolgte Siemens‘ Aufnahme in die Physikalische Gesellschaft. Im Alter von nur 30 Jahren galt Siemens bereits als profilierter Erfinder. Er hielt Patente auf den Zeigertelegraph, die Guttapercha-Presse sowie auf die sogenannte „Elektromedizinische Induktion“, ein Verfahren zum Einsatz elektrischer Ströme für gesundheitliche Zwecke.

Auch in privater Hinsicht nahm Siemens‘ Leben einen positiven Verlauf. Im Alter von 35 Jahren heiratete er am 1. Oktober 1852 in Königsberg Mathilde Drumann. Aus dieser Ehe entstammten die beiden Söhne Arnold und Wilhelm sowie die beiden Töchter Anna und Käthe. Werner von Siemens und seine vier Kinder traf Mitte der 1860er-Jahre ein schwerer Schicksalsschlag. Am 1. Juli 1865 erlag seine Ehefrau Mathilde einem langjährigen Lungenleiden.

In zweiter Ehe vermählte sich der Unternehmer am 13. Juli 1869 mit Antonie Siemens aus Hohenheim. Aus dieser Verbindung gingen die Tochter Hertha sowie der Sohn Carl Friedrich hervor.

Beruflich verzeichnete Siemens in den 1850er- und 1860er-Jahren bemerkenswerte Erfolge. Diese ließen ihm weitere gesellschaftliche Würdigungen zuteilwerden. Hierzu gehörte die Verleihung der Ehrendoktorwürde durch die Berliner Universität im Jahr 1860. Im Jahr 1862 erfolgte zudem die Wahl Werner von Siemens‘ in das Preußische Abgeordnetenhaus. Ihm gehörte er zwei Wahlperioden lang für die Fraktion die Deutsche Fortschrittspartei an.

Erwähnenswert ist die Gründung einer Pensions-, Witwen- und Waisenkasse durch Werner von Siemens. Sie wurde anlässlich des 25-jährigen Firmenjubiläums am 12. Oktober 1872 in Berlin, London und St. Peterburg eingerichtet.

Wissenschaftliche Auszeichnungen

eine schwarz-weiß Fotografie von Werner von Siemens aus dem Jahr 1885
Werner von Siemens, um 1885 / Siemens Corporate Archives, Berlin

Eine der höchsten akademischen Ehrungen Preußens wurde Werner von Siemens am 22. Dezember 1873 zuteil. Damals wurde er als ordentliches Mitglied in die Königliche Preußische Akademie der Wissenschaften zu Berlin aufgenommen. Siemens‘ Aufnahme als Ritter in den Orden „Pour le mérite“ für Wissenschaft und Künste erfolgte am 18. Januar 1886.

Überdies gehörte Werner von Siemens neben Heinrich von Stephan zu den Gründern des Elektrotechnischen Vereins. Der 1879 ins Leben gerufene Verein hatte sich der Aufgabe verschrieben, die Erforschung der Elektrizität voranzutreiben und neue Anwendungsgebiete für diese junge Disziplin aufzuzeigen.

Auch an der Gründung der Physikalisch-Technischen Reichsanstalt war Werner von Siemens federführend beteiligt. Deren Einrichtung hatte er bereits seit 1883 aktiv vorangetrieben. Im Jahr 1885 übertrug er ein circa 2 Hektar großes Baugrundstück als Schenkung an das Deutsche Reich. Auf diesem sollte die Physikalisch-Technischen Reichsanstalt errichtet werden. Zum Präsidenten dieses ersten größeren außeruniversitären Forschungsinstitutes wurde 1888 Hermann von Helmholtz berufen.

Die "Telegraphen Bau-Anstalt"

Der Briefkopf der Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske
Briefkopf der Telegraphen Bau-Anstalt von Siemens & Halske, um 1853, Siemens Corporate Archives, Berlin

Am 1. Oktober 1847 gründete Werner von Siemens gemeinsam mit Johann Georg Halske, die „Telegraphen-Bau-Anstalt von Siemens & Halske“. Sie befand sich in der Schöneberger Straße 19 in Berlin. An der Gründung der Anstalt war auch der Vetter Johann Georg Siemens beteiligt. Er steuerte das Startkapital in Höhe von 6.842 Talern bei. Neben den Zeigertele-graphen fertigte die Werkstatt Eisenbahn-Läutewerke, isolierte Drähte sowie Wassermesser.

Für die neu entstehenden elektrischen Telegrafennetze hatte die Leistungsfähigkeit und die Lebensdauer der Leitungen eine große Bedeutung. Zur Verbesserung der Kabel experimentierte Siemens mit dem Naturgummi Guttapercha. Sein Bruder Wilhelm hatte ihm dieses bis dahin auf dem Kontinent weitgehend unbekannte Material aus London zugeschickt.

Es zeigte sich, dass Guttapercha elektrische Leitungen hervorragend isolierte, sodass diese unterirdisch und auch im Wasser verlegt werden konnten. Zur nahtlosen Ummantelung der Leiter konstruierte Siemens 1847 die Guttaperchapresse.

Die erste elektrische Telegrafenlinie

1848 erhielt die Firma Siemens & Halske einen wichtigen staatlichen Großauftrag. Von Berlin nach Frankfurt am Main war eine 500 Kilometer lange Telegrafenleitung zu legen. Wegen des hohen Zeitdruckes bei der baulichen Ausführung konnte das Telegraphenkabel nur auf der Strecke von Berlin bis Erfurt unterirdisch verlegt werden. Auf dem restlichen Abschnitt wurde eine Freileitung errichtet. Eine Nachricht aus der Frankfurter Paulskirche erreichte dank der Telegrafie innerhalb von nur einer Stunde Berlin.

Auch andere Unternehmer und Erfinder hatten Anteil an der Entwicklung der elektrischen Telegrafie. Mit dem funktionssicheren Zeigertelegrafen, der Guttaperchapresse und den damit gut isolierten Leitungen hatte Siemens die wichtigsten Voraussetzungen für die Entwicklung der Nachrichtentechnik geschaffen. 1851 erhielt der Zeigertelegraf auf der Londoner Weltausstellung die „Council Medal“, die höchste Auszeichnung der Jury. Sie machte den Namen Siemens weithin bekannt.

Im Jahr 1852 verlegte die Firma Siemens & Halske ihre Fabrikation in die Berliner Markgrafenstraße 94. Frühzeitig war die Firma auch auf den wichtigen Auslandsmärkten präsent. Ab 1853 unterhielt Siemens & Halske ein eigenes Baubüro in St. Petersburg, von wo aus Siemens‘ jüngerer Bruder Carl den Aufbau des russischen Telegraphen-Netzes begleitete. Bruder Wilhelm repräsentierte das Unternehmen indessen ab 1858 in England.

Die Indo-europäische Telegraphenlinie

Die zuverlässige und schnelle Übertragung von Nachrichten gewann ab Mitte des 19. Jahrhunderts stark an Bedeutung. Die Anbindung weit entfernter Kolonien an die Märkte in Europa war ein Bedürfnis der wachsenden Volkswirtschaften.

1865 existierten zwei telegrafische Verbindungen zwischen Großbritannien und der Kronkolonie Britisch-Indien. Diese bestanden aus mehreren Einzellinien, was an den Schnittstellen „Umtelegrafieren“ der Nachrichten erforderte. Daraus resultierte eine hohe Fehlerquote. Hinzu kamen häufig technische Störungen der Verbindungen. Im Ergebnis erreichten die Telegramme ihre Empfänger oft unvollständig.

Ab 1865 entwickelte Werner von Siemens gemeinsam mit seinen Brüdern Carl und Wilhelm den Plan, eine Telegrafenlinie mit einheitlicher technischer Ausstattung zu bauen. Auf der Strecke London-Kalkutta, sollte nur noch ein „Umtelegrafieren“ in Teheran nötig sein.

An der Einrichtung der Telegrafenlinie waren neben Siemens & Halske in Berlin auch die Niederlassungen in London und Sankt Petersburg beteiligt.

Kabel, eiserne Telegrafenmasten und die benötigten Apparate stammten von den Siemens-Werken. Die Linie wurde nach nur zwei Jahren Bauzeit fertiggestellt. In technischer Hinsicht war sie eine große Pionierleistung. Das erste Telegramm aus London erreichte Kalkutta am 12. April 1870. Es benötigte für die 11.000 Kilometer lange Strecke nur 28 Minuten.

 

Das Transatlantikkabel

eine schwarz-weiß Fotografie des Schiffes "Faraday"
Der Kabelleger Faraday, um 1874, Siemens Corporate Archives, Berlin

1873 bestanden drei transatlantische Telegrafenverbindungen zwischen Europa und den USA. Der Bedarf an Nachrichtenverbindungen zwischen alter und neuer Welt stieg ständig. Die vorhandenen Kapazitäten reichten dafür nicht mehr aus.

Anfang der 1870er Jahre wurde die Idee an Werner von Siemens heran-getragen, ein eigenes Transatlantikkabel zu verlegen. Es sollte das bis-herige anglo-amerikanische Monopol auf diesem Sektor brechen. Im Auftrag der französischen Regierung hatte er 1864 als freier Unternehmer erstmals ein Seekabel verlegt. In der Folgezeit beschränkte sich Siemens jedoch auf die Kabelproduktion. Seine Brüder Wilhelm und Carl über-zeugten ihn von dem Projekt. 1873 wurde die „Direct United States Cable Company“ mit einem Startkapital von 1,3 Millionen Pfund gegründet. Die Brüder Siemens stellten einen bedeutenden Anteil des Kapitals.

Die Route des neuen Transatlantikkabels verlief von Ballinskelligs an der westirischen Küste über Torbay in Kanada nach Rye Beach in den USA. Es hatte eine Länge von 5.741 Kilometern.

Für das Projekt wurde der Kabelleger Faraday nach Plänen von Wilhelm Siemens gebaut. Werner von Siemens überwachte von Ballinskelligs aus die Arbeiten. Carl Siemens führte das Kommando auf der Faraday. Erst am 15. September 1875 wurde die Linie in Dienst gestellt. Unglücksfälle und Sabotage hatten die Arbeiten verzögert.

Das neue Atlantikkabel erfüllte die daran geknüpften Erwartungen vollständig. Die Nachrichtenübertragung funktionierte fehlerfrei und war über eine Stunde schneller als die der Konkurrenz. Das erfolgreich durchgeführte Projekt ließ Werner von Siemens in die erste Reihe der globalen Telegrafenunternehmer aufsteigen.

Das Zeitalter der Starkstromtechnik

das Modell einer Dynamomaschine von Werner von Siemens
Modell der Dynamomaschine, Original 1866

Neben der Telegraphie begann sich die Starkstromtechnik zu einem wichtigen Geschäft der Firma Siemens & Halske zu entwickeln. Der Durchbruch für dieses zukunftsträchtige Geschäftsfeld erfolgte am 4. Dezember 1866. An diesem Tag präsentierte Werner von Siemens den Prototyp seiner Dynamomaschine.

Mit dieser Dynamomaschine konnten bei 4.000 Umdrehungen pro Minute schätzungsweise 25 Watt elektrische Leistung erzeugt werden. Trotz ihres anfänglich geringen Wirkungsgrades markiert die Dynamomaschine den Auftakt zum Zeitalter der Starkstromtechnik. Eine neue Epoche in der Energiegeschichte brach an. Elektrische Energie konnte relativ preisgünstig und in großen Mengen erzeugt werden.

Siemens entdeckte, dass der Elektromagnet im Generator gar keine besondere Stromquelle benötigt, sondern sich seinen Strom selbst erzeugen kann. Ein Rest von Magnetismus – so seine Erkenntnis– ist nämlich immer vorhanden. Dadurch entsteht in der Spule ein schwacher Strom. Dieser kann zur Verstärkung des Magnetfeldes verwendet werden und nimmt lawinenartig zu.

Infolge dieses „dynamoelektrischen“ Prinzips braucht der Elektromagnet also keine fremde Stromquelle. Er kann sein Magnetfeld selbst erzeugen. Ein derartiger Generator wird von Technikern als „Dynamo“ bezeichnet.

Neue Anwendungsfelder für die Elektrizität

Ein Foto mit Angestellten von Siemens und Halske in den Produktionsstääten in der charlottenburger Straße in Berlin 1890
Angestellte in der Produktionsstätte von Siemens & Halske, Berlin, Charlottenburger Straße, um 1890, Siemens Corporate Archives

Die Entdeckung stellte die Basis für neue Anwendungsfelder für die Elektrizität dar. Beispiele hierfür sind: Dder im Jahr 1873 durch den Siemens-Chefkonstrukteur Friedrich Hefner von Alteneck entwickelte Gleichstrommotor; die 1878 konstruierte Differential-Bogenlampe; die 1879 präsentierte elektrische Lokomotive; der elektrische Fahrstuhl der Firma Siemens & Halske aus dem Jahr 1880 und die Elektrische Straßenbahn. Sie verkehrte ab 1881 zwischen dem Bahnhof Lichterfelde-Ost und der Kadettenanstalt Lichterfelde.

Die Eisenbahn wird elektrisch

Abbildung der ersten elektrischen Lokomotive von Siemens & Halske
Die erste elektrische Lokomotive der Firma Siemens & Halske aus dem Jahr 1879, Siemens Coporate Archives, Berlin

Die Firma Siemens & Halske war bestrebt, den elektrischen Motor für Transportaufgaben einzusetzen. Am 31. Mai 1879 stellte Siemens & Halske  auf der Berliner Gewerbeausstellung die weltweit erste elektrische Eisenbahn vor.

Sie arbeitete mit einer Spannung von 150 Volt und bezog ihren Strom über die Mittelschiene. Die Idee für die elektrische Eisenbahn kam aus der Praxis. Der Cottbusser Kohlegrubenbesitzer Carl Westphal hatte sich 1878 an Werner von Siemens gewandt. Ihm stellte er seine Idee vor, in seinen Gruben gewonnene Braunkohle zu verstromen und mit der erzeugten elektrischen Energie eine Grubenbahn zu betreiben.

Werner von Siemens fand an diesem Vorschlag Gefallen und konstruierte eine elektrische Lokomotive. Bei ihr nahm der Lokomotivführer direkt auf der Lok über dem Motor Platz. Carl Westphal, der eigentliche Auftraggeber, war von Siemens‘ Umsetzung wenig angetan und brach die Zusammenarbeit ab. Indessen avancierte die elektrische Eisenbahn zum Publikumsmagneten auf der Berliner Gewerbeausstellung des Jahres 1879. Hier befuhr die Lokomotive mitsamt drei Waggons für jeweils sechs Personen einen 300 m langen Rundkurs. Im Verlauf der Ausstellung transportierte sie die beachtliche Anzahl von 86.398 Passagieren.

Seit diesem Zeitpunkt etablierte sich der Elektromotor schnell. Zunächst trieb er vor allem die Straßenbahnen in den wachsenden Städten an. Im frühen 20. Jahrhundert wurden auch erste Bahnstrecken vollständig elektrifiziert. Die im Vergleich mit der Dampfkraft weitaus höhere Effizienz elektrischer Antriebe führte seit den 1950er Jahren zur Verdrängung der Dampflokomotiven durch moderne elektrisch betriebene Lokomotiven.