
Als der Strom ins Haus kam

Strom im Haus konnte sich in den Anfangsjahren der Elektrifizierung ab 1884 nur das gehobene Bürgertum leisten. Die erste Anwendung der Elektrizität in den privaten Haushalten war die Beleuchtung. Man wünschte sich den Komfort, einen Schalter zu betätigen und damit den Raum hell zu erleuchten. Aber allein die Installation einer Lampe kostete um 1900 bis zu 230,- Mark. Dafür arbeitete ein Monteur ein Viertel Jahr.
Die ersten Lichtschalter drehte man noch an und aus, wie man es von den Gaslampen her kannte. zu Beginn der Elektrifizierung griffen die Installateure und die Hersteller von Installationsmaterial häufig auf die Erfahrungen ihrer Kollegen aus dem Gashandwerk zurück. Dementsprechend wurden die von der Gasinstallation her bekannten Dreh-, Kipp- und zugschalter auch für die elektrische Installation verwendet. Aufwändige Verzierungen untermalten ihre Exklusivität, denn für nur Wenige war der Anschluss an das Stromnetz erschwinglich.
Die Geschichten über frühe elektrische Anwendungen, die eher Prestigeobjekte waren, erzählen wir in dem Video.
Der elektrische Zigarrenanzünder

Die ersten elektrischen Geräte waren kunstvoll gestaltete Prestigeobjekte, mit denen die betuchten Bürger ihren Wohlstand zur Schau stellten. Hatte man Gäste, so wurden Tee und Kaffee aus elektrisch beheizten Kannen ausgeschenkt. Als Vorzeigeobjekt galt auch der elektrische Zigarrenanzünder, der in den unterschiedlichsten Formen erhältlich war.
Die Dienstbotenklingeln

Es war unschicklich, die zum Hausgesinde gehörenden Dienstboten zu rufen. Wer Dienstboten hatte, läutete mit kleinen Tischglocken nach ihnen. Die Glocken waren für die feinen Herrschaften auch ein Zeichen des Wohlstandes: Kunstvoll Gefertigtes aus Porzellan, Glas oder Edelmetallen war sehr gefragt. Doch mit einer Handglocke waren die weiträumigen Entfernungen in den herrschaftlichen Häusern und Schlössern kaum zu überbrücken. Bald installierte man mechanische Klingelzüge, bei denen die Glocke über einen Draht mit einem Griff verbunden war.
Zu den ersten Dingen, die im Haushalt elektrisch betrieben wurden, zählten die Dienstbotenklingeln. Die Handglocken wurden durch die elektrische Haustelegrafie ersetzt, die man bei Post, Bahn und Militär schon lange nutzte. Problematisch war anfangs die Stromversorgung. Man konnte die Gleichspannung von 110 Volt, 150 Volt oder 220 Volt nicht auf kleinere Spannungen transformieren. Darum verwendete man für den Betrieb der Dienstbotenklingeln zunächst galvanische Elemente und hatte somit eine batteriebetriebene Anlage für die Haustelegraphie.
"Madame, Sie haben geläutet?"

Die einfachste Ausführung war ein Klingelknopf, der an der Esszimmerlampe hing, und eine Klingel in der Küche. Bald wurden mehrere Räume mit Klingelknöpfen ausgestattet. Ein großes Tableau mit Fallklappen zeigte in der Gesindekammer an, aus welchem Zimmer geläutet wurde.
Bis in die 1920er Jahre war das „elektrische“ Herbeiklingeln des Personals in den Privathaushalten Statussymbol und mehr oder minder Spielerei. In Hotels, Krankenhäusern und Büros wollte man schon bald nicht mehr auf die elektrische Haustelegraphie verzichten.
Mit Strom oder Gas zu heizen, galt lange als Luxus. In dem Video sehen Sie sowohl designstarke wie auch praktische Objekte, die wohlige Wärme spendeten.
Ein Designklassiker

Einige der frühen Elektrogeräte zählen inzwischen zu den Designklassikern. Der Entwurf für das elektrische Heizgerät auf dem Foto stammt von dem Gestalter Peter Behrens (1868-1940), der zwischen 1907 und 1914 für die Firma AEG tätig war. Ein weiteres Gerät, das Peter Behrens gestaltete, ist für sein funktionelles Design bekannt: Ein Tee- und Wasserkessel, der ab 1909 mit verschiedenen Materialkombinationen in den Handel kam.
Ab den 1920er Jahren gab es die frühen strombetriebenen Haushaltsgeräte im Handel. Bügeleisen und Tauchsieder, aber auch Großgeräte wie Staubsauger und Elektroherde. Für die meisten Familien wurde der Haushalt jedoch erst in den 1950er- und 1960er Jahren durch und durch elektrisch.