Der Erfinder Emil Berliner
Emil Berliner wurde 1851 geboren. Er gehörte einer kinderreichen Familie assimilierter Juden an, die seit vier Generationen in Hannover lebte.
Emil Berliner wanderte im Alter von 19 Jahren in die USA aus. Im Jahr 1881 erhielt er die amerikanische Staatsbürgerschaft. Emil Berliner war ein vielseitig talentierter Mensch. Er arbeitete neben dem Telefon und der Schallplatte unter anderem an einer Hymne, einem Drink und einem Hubschraubermotor. Weniger bekannt ist, dass er bereits 1881 mit seinem Bruder Joseph Berliner die erste europäische Fabrik für Telefone aufbaute. Emil Berliner meldete im Jahr 1887 das Grammophon als Patent an. Seine Idee war es, mit Schallplatten die Musik einem großen Publikum zugänglich zu machen.
Die Gründung der Deutschen Grammophon Gesellschaft
In Hannover folgte 1898 die Gründung der Deutschen Grammophon Gesellschaft. Die Schallplattenproduktion begann auf dem Gelände der Telefonfabrik von Joseph Berliner in der hannoverschen Nordstadt.
Zur Unternehmerfamilie gehörte auch Jacob Berliner, der Mitbegründer der Hackethal-Draht Gesellschaft in Hannover war. Er stellte in seinem Unternehmen den Leitungsdraht für das Telegrafen- und Fernsprechwesen her.
Aufgrund dieser geschickten Verzahnung einzelner Produktionszweige expandierten die Unternehmen schnell. Die Brüder Berliner ließen ihre Arbeiter und Angestellten am Erfolg teilhaben. Ihre sozialen und finanziellen Leistungen waren vorbildlich für die damalige Zeit.
Der Firmensitz der Deutschen Grammophon Gesellschaft befand sich in Hannover, in der Kniestraße, auf dem Gelände der Joseph Berliner Telefongesellschaft. Bei Gründung des Unternehmens im Jahr 1898 war es möglich, 10 Platten pro Stunde an einer Maschine zu pressen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts waren es bereits 20 Platten pro Stunde. Im Jahr 1904 konnten täglich bis zu 25.000 Platten produziert werden.
Die Grammophon Gesellschaft bekam 1900 die Rechtsform einer Aktiengesellschaft. Kurz darauf übernahm die englische Muttergesellschaft, die Gramophone Company Limited, alle Anteile. In Hannover produzierte die Tochtergesellschaft mit großem Engagement und technischem Know-how die Schallplatten.
Zu dieser frühen Zeit hatte das Unternehmen bereits über 5.000 Titel im Programm. Neben Musik befanden sich auch Lehr- und Sprechplatten im Angebot. Es entstanden Zweigstellen in der ganzen Welt. 1902 zog das Unternehmen innerhalb Hannovers von der Kniestraße in die Podbielskistraße um.
Der Erste Weltkrieg trennte die Tochtergesellschaft von ihrer Mutter in England. Die Polyphon Musikwerke – die in früheren Zeiten sehr erfolgreich Spieluhren produziert hatten – übernahmen die Deutsche Grammophon AG.
Die Deutsche Grammophon Gesellschaft wird zur PolyGram
Ab 1925 wurde das akustisch-mechanische Aufnahme- und Wiedergabeverfahren durch das elektro-akustische ersetzt. Diese Neuerung machte Neuaufnahmen des gesamten Repertoires notwendig. Die bessere Hörqualität überzeugte jedoch die Hörer. Das Geschäft mit der Platte boomte bis zur Weltwirtschaftskrise im Jahr 1929.
Mit der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten begann die Entrechtung und Verfolgung der jüdischen Bevölkerung. Dies hatte auch starke Auswirkungen bis in die Führungsebene der Deutschen Grammophon. 1937 wurde die Aktiengesellschaft aufgelöst. Die Anteile der jüdischen Mehrheitsaktionäre übernahmen die Deutsche Bank und Telefunken. Die daraus entstandene Gesellschaft nannte sich Deutsche Grammophon GmbH.
Die Produktion lief ab 1939 nur noch schleppend, weil unter anderem viele Männer aus der Belegschaft zum Kriegsdienst einberufen worden waren.
1941 wurde Siemens Alleininhaber der Deutschen Grammophon Gesellschaft. 1962 legten Siemens und Philips ihre Tochterfirmen unter Beibehaltung rechtlicher Unabhängigkeit wirtschaftlich zusammen. 1971 entstand daraus die PolyGram.
Von PolyGram zu Universal
Ab Mitte des 20. Jahrhunderts bekam die Schallplatte Konkurrenz: Die Nachkriegsgeneration nahm Musik über das Tonband auf und die folgende Generation über die Musikkassette.
Im Jahr 1982 änderte sich das Medium erneut: die Deutsche Grammophon, die damals unter dem Namen PolyGram firmierte, begann mit der Produktion der Compact Disc, der CD. Innerhalb weniger Jahre hatte das neue Medium die Platte überholt.
Unter dem Namen „Deutsche Grammophon“ wird bis heute klassische Musik vermarktet. Das Klassik-Label gehört mittlerweile zur Universal Music Group.
Das Unternehmen hat sich früh dem digitalen Zeitalter geöffnet und darin eine Vorreiterrolle eingenommen: So bietet die DG-Concerts-Serie seit 2006 Live-Aufnahmen als Downloads an. Seit 2014 wird die weltweit erste Streaming-App für klassische Musik angeboten. Die Aufnahmen dieses Labels genießen nach wie vor hohes Ansehen.
Die Produktionsstätte in der Podbielskistraße, das ehemalige Werk I, ist heute ein Büropark. Im ehemaligen Werk II in Langenhagen, Emil-Berliner-Straße, produzierte die Entertainment Distribution Company, kurz EDC, bis Anfang 2017 CDs. Die Mitarbeiter des früheren Tonstudios der Deutschen Grammophon arbeiten heute in einem unabhängigen Produktionsstudio, den Emil-Berliner-Studios, in Berlin.
Frühe Schallplattenaufnahmen
Anfang des 20. Jahrhunderts gelang es Vertretern der Schallplatten-industrie, Künstler zu ersten Aufnahmen vor dem Grammophontrichter zu überreden. Weltstars wie Enrico Caruso, aber auch weniger berühmte Sänger, erkannten den Wert und die Vorteile der Tonkonservierung.
Das neue Medium erfüllte alle an den Tonaufnahmen Beteiligten mit Stolz. Für die Sängerinnen und Sänger bedeutete die Aufnahme auf engstem Raum eine enorme Umstellung. Sie hatten streng den Anweisungen der Aufnahmeleiter zu folgen. Da wurde eine Sängerinnen auch schon einmal sanft nach vorne geschoben, um den richtigen Abstand zum Aufnahmetrichter zu erzielen.
Zudem galt es, aus tontechnischen Gründen mit sehr lauter, kräftiger Stimme in den Trichter zu singen. Denn die Intensität der Aufnahme war einzig und allein von der Schallquelle abhängig. Instrumente wurden teilweise umgebaut, wie die Strohgeige ohne Holzkörper. Sogar die klassische Orchesterbesetzung wurde geändert, um den besonderen Anforderungen einer Plattenaufnahme zu genügen.
Die Schallplattenproduktion
Beim Aufnahmeverfahren werden die Schallwellen der Interpreten über den Aufnahmetrichter auf eine Membrane übertragen. An dieser Membrane ist ein Schneidstichel befestigt. Durch die hin- und her schwingenden Bewegungen des Schneidstichels wird eine Rille in die sich drehende Aufnahmematrize eingraviert.
Nach einer Reihe von Versuchen verwendete Emil Berliner ab 1902 Wachsplatten für die Aufnahmen. Ab Ende der 1940er Jahre ersetzte die Tonband-Technik das Schreiben in Wachs. Die Aufnahmen werden in einem weiteren Arbeitsschritt auf Lackfolie überspielt. Die Lackfolie gelangt anschließend in die Galvanik. Dort wird die Oberfläche versilbert, um sie elektrisch leitend zu machen.
In galvanischen Bädern fertigen die Mitarbeiter von diesen Aufnahmevorlagen Abdrücke an. Seit 1922 verfährt man dabei nach dem Vater-Mutter-Sohn-Prinzip. Dabei ist der sogenannte Vater eine negative Kopie von der Aufnahmevorlage. Davon fertigt man einen weiteren Abdruck: Die sogenannte Mutter / ist demnach also wieder eine positive Kopie. Und von der Mutter wird noch ein Sohn-Negativ kopiert. Der Sohn wird schließlich zur Pressvorlage, der Matrize, für die Plattenproduktion.
Das seit den 1980er Jahren ebenfalls angewandte Direct-Metal-Mastering-Verfahren überspringt zwei dieser Arbeitsschritte. Hierbei wird der Sohn direkt von der Vorlage gezogen.
Das Material der Platten bestand ab 1897 aus einer Mischung aus Schellack, Gesteinsmehl, Baumwollflock und Ruß. Diese Bestandteile wurden in großen Behältern gemischt, erwärmt, ausgewalzt und in Form von Tafeln portioniert – und landeten schließlich als sogenannter Schellackkloß in der Schallplattenpresse.
In der Presse, werden mit zwei Matrizen – für die A- und die B-Seite – die Schallplatten in Akkordarbeit gefertigt. Wobei ein Arbeiter im Wechsel zwei Pressen bediente. In der Zeit als Schellackplatten hergestellt wurden, war es in den Fabrikhallen heiß, laut und schmutzig.
Die Produktion der Schellack-Schallplatten wurde Ende der 1950er Jahre eingestellt. Bereits 1952 kam das neue Material Polyvinylchlorid – kurz Vinyl genannt – als Plattenrohstoff auf den Markt. In den Schallplattenfirmen fanden nun auch viele Frauen eine Beschäftigung, sowohl in der Fertigung als auch beim Prüfen, Verpacken und Versand der Platten.
Die Markenzeichen der Deutschen Grammophon Gesellschaft
Die Deutschen Grammophon Gesellschaft wurde im Jahr 1898 gegründet. Die Schallplattenproduktion begann in der hannoverschen Kniestraße. Anfangs war es möglich, 10 Platten pro Stunde an einer Maschine zu pressen. Mit Beginn des 20. Jahrhunderts waren es bereits 20 Platten pro Stunde. Im Jahr 1904 konnten täglich bis zu 25.000 Platten produziert werden.
Bis 1909 kannte man den „Schreibenden Engel“ als Markenzeichen der Deutschen Grammophon Gesellschaft.
Unter dem Namen „Die Stimme seines Herrn“ beziehungsweise „His master‘s voice“ wurde anschließend der Hund Nipper zum neuen Markenzeichen des Unternehmens - wie oben auf dem Schallplatten-Label und der Nadeldose zu sehen.
Angeblich posierte Nipper ursprünglich auf einem Ölgemälde vor einem Phonographen. Sein Herrchen, der Maler Francis Barraud, bot es der Edison Gesellschaft an, die Phonographen herstellte. Das Unternehmen hatte kein Interesse an dem Bild. Umso mehr aber die Gramophone Company in England, die Muttergesellschaft der Deutschen Grammophon.
Dem Gemälde wird die Geschichte angedichtet, dass der Terrier – nun vor einem Grammophon sitzend – der Stimme seines verstorbenen Herrn lausche. Unter dem Namen „Die Stimme seines Herrn“ beziehungsweise „His master‘s voice“ wurde Nipper zum neuen Markenzeichen des Unternehmens.
Bedingt durch den Besitzerwechsel der Gesellschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, musste die Deutsche Grammophon das Markenzeichen mit dem Hund Nipper nach dem Zweiten Weltkrieg endgültig aufgeben. Für die Klassiksparte wurde das gelbe Label mit der Tulpenkartusche eingeführt. Die sogenannte Unterhaltungsmusik wurde unter der Marke Polydor vertrieben.
Die RCA in Amerika und die EMI, beides Nachfolger der ersten großen Firmen in Amerika und Europa, führten das Markenzeichen mit dem Hund weiter.