Wie das Licht elektrisch wurde
„Wüßt nicht, was sie besseres erfinden könnten, als wenn Lichte ohne Putzen brennten“, klagte einst Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832) über die rußenden Dochte der Öllampen und Kerzen. Sie mussten zu seiner Zeit noch regelmäßig abgeschnitten, also „geputzt“, werden. Sein Wunsch erfüllte sich mit den ersten Gaslaternen, die 1814 erstmals in London und 1825/26 in Hannover und Berlin die Straßen ohne Docht erleuchteten und damit Fackeln und Öllampen ablösten.
Konkurrenz bekam die offene Gasflamme von der Glühlampe, die Thomas Alva Edison (1847–1931) 1879 erfand. Mit dem Gasglühstrumpf des Österreichers Carl Auer von Welsbach (1858–1929) erhielt die deutsche Gasindustrie 1885 jedoch neuen Auftrieb: Sein weißes Licht leuchtete ungewöhnlich hell und übertraf das der Glühlampe bei weitem. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts setzte sich die elektrische Beleuchtung flächendeckend in Deutschland durch.
Zeitleiste
Klicken Sie auf die Jahreszahl für eine Zeitreise durch die künstliche Beleuchtung
In dem Video sehen Sie ausgewählte Exponate, die von den Meilensteinen der Geschichte der künstlichen Beleuchtung erzählen.
Die frühen Beleuchtungsarten
Neben frühen Beleuchtungsmitteln wie Fackel und Kienspan dienten Öllampen vermutlich bereits vor mehr als 10.000 Jahren der Beleuchtung.
Möglicherweise führte das ins Feuer spritzende Fett eines saftigen Stückes Fleisch zur Idee der Öllampe. Steinschalen oder Tongefäße wurden mit tierischem Fett gefüllt und Dochte aus Pflanzenfasern eingelegt. Im Römischen Reich wurde Olivenöl als Brennstoff verwendet. Die Gestaltung der Öllampen wurde bald verfeinert, die Lampen mit Tülle, Griff und Einfüllloch versehen. Durch die verschiedenen Formen kam also die Kunst als Gestaltungselement auf. Verzierte Tonlampen entstanden. In vornehmeren Häusern benutzte man sogar Lampen aus Bronze.
Mit dem Ende der römischen Vorherrschaft verschwand der Brennstoff Olivenöl. Man griff wieder auf tierische Fettabfälle wie Talg zurück. Das ergab eine schwache, qualmende und übelriechende Beleuchtung. Dieses Brennmaterial war für die filigranen Ölgefäße nicht nutzbar, sondern wurde wie einst in flache Behältnisse, sogenannte Krüsel, gefüllt. Ab dem 14. Jahrhundert wurde das besser geeignete pflanzliche Rüböl verwendet.
Die Verbesserung des Brennstoffs ergab dann auch wieder eine Veränderung der Ölgefäße – von der einfachen, flachen, offenen Schale hin zur kunstvoll geformten und verzierten Öllampe mit Schirm, Schaft und Ölbehältnis.
Die Argand-Lampe
Die entscheidende Entdeckung zur Verbesserung der Öllampen machte Antoine de Lavoisier (1743-1794), Begründer der neuzeitlichen Chemie. Um 1770 erkannte er, dass zur Verbrennung Sauerstoff nötig ist. Diese Kenntnis nutzte François Argand (1750-1803), ein Schüler de Lavoisiers.
Argand ordnete in seiner Lampe einen Flachdocht so an, dass die Flamme mehr Sauerstoff bekam. Ein über die Flamme gestülpter Glaszylinder sorgte durch den Sogeffekt für noch mehr Sauerstoff. Der Zylinder schützte die Flamme gleichzeitig, so dass sie einen ruhigen, warmen Lichtschein abgeben konnte. Außerdem wurde die Brandgefahr verringert. Die ArgandLampe war im 19. Jahrhundert ebenso häufig in Gebrauch wie im 20. Jahrhundert die Glühlampe.
Die Zündhölzer
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts kamen Tunkhölzer auf, die in Schwefel getaucht wurden. Einige Jahre später erschienen Reibzündhölzer, die sich an jeder rauen Oberfläche entzünden ließen. Beide Arten waren nicht ungefährlich, weshalb sie als „Witwenmacher” bezeichnet wurden. Außerdem war der verwendete weiße Phosphor giftig, was besonders bei den Menschen in der Produktion zu schweren Gesundheitsschäden führte.
Mitte des 19. Jahrhunderts setzten sich die noch heute gebräuchlichen Sicherheitszündhölzer durch. An ihren Schachteln befindet sich eine Reibefläche aus rotem, ungiftigem Phosphor. Von 1930 bis 1983 waren in Deutschland nur Streichhölzer des Zündwarenmonopols erhältlich. Die Markennamen waren „Welthölzer” und „Haushaltsware”.
Die Petroleumlampe
Mitte des 19. Jahrhunderts gelang es Benjamin Silliman jun. (1816-1885) aus Erdöl Petroleum zu destillieren. Dieser Brennstoff ersetzte das Pflanzenöl. Das dünnflüssige und leichte Petroleum konnte in den Fuß der Lampe gefüllt werden. Von dort stieg es aufgrund der hohen Kapillarwirkung zum Docht auf. Die noch heute bekannte Form der Petroleumlampe war geschaffen.
1890 wurde in Bremen die Deutsch-Amerikanische-Petroleumgesellschaft gegründet. Das Petroleum kaufte man in Kolonialwarenläden. Dort wurde der flüssige Brennstoff mittels einer Handpumpe abgemessen und in eine mitgebrachte Kanne abgefüllt.
Die Petroleumlampe war auch noch weit verbreitet, als die Elektrifizierung bereits vorangeschritten war. Sie wurde neben den anfangs sparsam eingesetzten elektrischen Lampen als tragbares Zusatzlicht genutzt.
Die Gasbeleuchtung
Das Licht einer Öllampe wirkte funzelig im Vergleich zu der Helligkeit, die das Leuchtgas bringen sollte. Leuchtgas war lange Zeit ein nicht beachtetes Nebenprodukt des Kokerei-Prozesses, bei dem Koks als Brennstoff aus Kohle gewonnen wurde. Es ist der Experimentierfreude des gebürtigen Schotten William Murdock (1754-1839) zu verdanken, dass das Gas als Beleuchtungsmittel erfolgreich wurde.
Ende des 18. Jahrhunderts hatte Murdock in seinem Haus in England mit Kohle experimentiert. In seinem Hinterhof erhitzte er die Kohle in einer Retorte. Die dort entstandenen Gase leitete er durch Rohre ins Hausinnere. Dort brannte das Gas anfangs frei heraus und beleuchtete die Räume.
Nachdem es Murdock auf diese Weise geglückt war, im eigenen Haus Licht zu machen, wurden bald die Hallen seines Arbeitgebers, der Firma Boulton and Watt, mit Gas beleuchtet.
Ende des 18. Jahrhunderts begann in England die Industrialisierung. Damit wuchs der Bedarf an helleren Beleuchtungsmitteln, um unabhängig vom Tageslicht produzieren zu können. William Murdock hatte den Weg für die industrielle und gewerbliche Nutzung des Gaslichts gebahnt.
In London wurde die erste Gasanstalt 1914 in Betrieb genommen. In Retorten fand die Destillation der Steinkohle statt. Das Gas speicherte man im Gasometer. Das Gas nannte man Stadtgas, da die Gasanstalten in der Regel städtisch betrieben wurden.
Anfang des 19. Jahrhunderts erfolgte die Beleuchtung von Fabrikhallen, öffentlichen Plätzen und Straßen. Manche Menschen standen der neuen Technik skeptisch gegenüber. So wurde Murdock ungläubig gefragt: „Sie wollen uns also tatsächlich weismachen, dass es eine Lampe geben soll, die ohne einen Docht auskommt?“
Der Glühstrumpf
Als Carl Auer von Welsbach (1858-1929) sich 1885 den Glühstrumpf patentieren ließ, gab es bereits das elektrische Bogenlicht und auch schon Glühlampen. Das Licht aus dem Glühstrumpf erwies sich anfangs als zu schwach und der Glühstrumpf an sich als zu empfindlich. 1891 meldete Auer von Welsbach ein verbessertes Patent an. An die Stelle der offenen, flackernden Gasflamme trat das hell-weiße Licht des unbeweglichen Glühkörpers. Die Lampen leuchteten heller und benötigten weniger Gas.
Für die Herstellung von Glühstrümpfen wurde zunächst ein Baumwollgewebe gefertigt. Die Glühstrümpfe wurden zuerst per Hand gestrickt – später dann mit Maschinen gefertigt. Diese Tätigkeiten wurden meistens von Frauen verrichtet - auch das Einrichten und Bedienen der Maschinen.
Das Baumwollgewebe wurde dann in einer speziellen Lösung mit Metallen der Seltenen Erden getränkt und anschließend verbrannt. Übrig blieb ein feines Gerüst, was sehr zerbrechlich war. Dieses neuartige Keramikgewebe war temperaturbeständig. Deshalb ging es in der Hitze der Gasflamme nicht kaputt.
Als in den 1890er Jahren dieses Gas-Glühlicht auf den Markt kam, konnte sich die Gasindustrie wieder gegenüber der Konkurrenz Strom behaupten. Der Glühstrumpf ermöglichte auch hängendes Licht. Ein Licht, das nach unten hing, war für die Sehgewohnheiten der Menschen ebenso kurios wie ein Licht ohne Docht.
Die Bogenlampe
Licht durch Strom? Im Zuge der Industrialisierung stiegen die Ansprüche an eine helle Arbeitsumgebung. Der Mensch wünschte sich seine Welt voll ausgeleuchtet. In den Straßen und Häusern produzierten die Gaslaternen jedoch nur Insellichter.
Das Licht der Bogenlampen, das sich ab 1870 durchsetzte, war hell wie Sonnenlicht. Deshalb musste es hinter Milchglas gedämpft werden. Kulturpessimistische Stimmen klagten, das neue Licht sei kalt und sirre unangenehm. Für die häusliche Beleuchtung waren die Bogenlampen zu grell. Aber in den Fabriken oder hoch über öffentlichen Plätzen, in den Straßen und in Bahnhofshallen waren sie von großer Effektivität.
Die Funktionsweise der Bogenlampe
Bei der Bogenlampe werden zwei sich gegenüberliegende Kohlestifte auseinandergezogen, so dass sich der Strom seinen Weg durch die Luft bahnen muss. Durch den Widerstand des freien Raumes, den der Strom zu überwinden hat, wird ein großer Teil der Elektrizität in Wärme umgesetzt. Die Hitze bringt die Enden der Stifte zur Weißglut, wodurch das gleißende Licht entsteht. Überspringende Kohleteile und die elektrisch geladene Luft schaffen den Lichtbogen.
Die ersten Bogenlampen wiesen große Mängel auf: So konnten sie anfangs nicht in ein zentrales Versorgungssystem eingefügt werden, da jede Bogenlampe eine eigene Stromquelle brauchte. Die Kohlestifte hielten nur wenige Stunden, der Abstand zwischen ihnen musste per Hand reguliert werden. Das Auswechseln der Stifte stellte für Passanten immer eine kleine Attraktion dar, weil so ein Blick auf die neue Technik geworfen werden konnte. Das war spannender, als den Laternenanzündern beim Auffüllen der Öllampen oder später dem Entzünden der Gaslaternen zuzuschauen.
Die Glühlampe
Thomas Alva Edison nahm sich vor, eine Glühlampe zu entwickeln, die alle Vorteile des Gaslichts aufweisen sollte, aber nicht seine Nachteile. In Zusammenarbeit mit seinem Team in Menlo Park, nahe New York, entstand Ende 1879 die erste Kohlefadenlampe. Die Lampe wurde immer weiterentwickelt und sollte am Ende das Gaslicht und auch das elektrische Bogenlicht übertreffen.
Edison ersann rund 3.000 Theorien zum elektrischen Licht. Um das passende Material für den Glühfaden zu finden, ließ er hunderte verschiedene organische Stoffe testen: Baumwollgarn, Papier, Kork, Leinen, Holz, Baumrinde, Hufe, Lumpen, Menschen- und Tierhaare. Bis die Bambusfaser gefunden wurde. Nach der optimalen Bambusfaser suchten Mitarbeiter Edisons fast ein Jahrzehnt lang in aller Welt.
Nicht nur Edison arbeitete an der Entwicklung einer Glühlampe. Was ihn aber auszeichnete, ist sein allumfassendes System für die elektrische Beleuchtung. Er entwarf von der zentralen Energieversorgung bis hin zum Lichtschalter auch die Lampen, Leuchten, Leitungen, Sicherungen, Strommessgeräte und die noch heute üblichen Schraubfassungen. Im Jahr 1882 ließ Edison die erste elektrische Blockstation der Welt in der New Yorker Pearl Street erbauen. Mit ihr konnte ein Wohnviertel mit Strom versorgt werden. Durch die Entwicklung der Parallelschaltung ließ sich das Licht bald „teilen“, das heißt, es konnten nun auch mehrere kleine Lichtquellen voneinander unabhängig im Stromnetz geschaltet werden.
Die Metallfadenlampe
Die Glühlampen entwickelten sich von einem schwachen Licht zu einer
Lampe, die auch die Bogenlampe ersetzen konnte. Dies war möglich geworden durch die Metallfadenlampen, die Anfang des 20. Jahrhunderts auf den Markt kamen.
Carl Auer von Welsbach gelang es 1898, die erste Metallfadenlampe mit
dem chemischen Element Osmium herzustellen. Wenige Jahre später wurde bei Siemens & Halske die Tantalfadenlampe entwickelt. Ihr folgte die Wolframfadenlampe, die 1905 auf den Markt kam und bis zum heutigen Tag in Gebrauch ist.